Wissensartikel
Mein Kind hat Probleme beim Lesen- und Schreibenlernen! Ist es möglich, daß es nicht richtig hören oder wahrnehmen kann?
Beim Lesen und Schreibenlernen muss das Kind zunächst lernen, gehörte Wörter in Einzellaute zu zergliedern (z.B. Oma in 0-M-A) und diese Einzellaute dann den richtigen Buchstaben zuzuordnen. Die Laut-zu-Buchstaben-Zuordnung gelingt umso leichter, je lautgetreuer die Worte sind. Bei Worten, die nicht genau lautgetreu sind, muss das Kind ganz präzise hinhören oder bereits Kenntnisse über Schreibregeln erworben haben. Beispiel: „Kinder“ wird mit „d“ geschrieben und nicht mit „t“, der Lautunterschied ist aber, je nach Sprecher, sehr klein.
Einige Kindern haben mit diesem genauen Hören große Schwierigkeiten, obwohl die „Hörkraft“ (Funktion des peripheren Hörorgans Schnecke) völlig in Ordnung ist. Diese Einschränkung der“Hörschärfe“ bei regelrechter Hörkraft wird als auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung, zentrale Hörstörung oder Fehlhörigkeit bezeichnet. Ursachen sind gestörte neuronale Verarbeitungsprozesse im Hirnstamm und in der Hörrinde im Gehirn, z.B. nach einem Sauerstoffmangel bei der Geburt. Phoniater und Pädaudiologen werden bei einer Untersuchung ermitteln, ob es sich bei einem betroffenen Kind tatsächlich um eine“Hörkraftschwäche“ handelt oder um eine sogenannte echte Leserechtschreibschwäche. Diese Untersuchungen sind sehr aufwendig und erfordern in der Regel mehrere Untersuchungstermine.
Ist das zentrale Hören beeinträchtigt, werden Phoniater und Pädaudiologen eine individuell am Störungsschwerpunkt des Kindes ausgerichtete Therapie (in der Regel eine Übungstherapie, in Einzelfällen auch andere Maßnahmen wie die Anpassung eines sprachverstärkenden Hörgerätes) vorschlagen. Die Kosten für diese Therapie werden von den Krankenkassen übernommen. Die Aussicht auf eine deutliche Verbesserung der aud itiven Verarbeitung und Wahrnehmung ist nach aktuellen Erkenntnissen durchaus günstig. Ziel der Therapie ist immer die Stabilisierung der Hörschärfe, damit die Basis für ein leichteres Erlernen der Schriftsprache geschaffen wird.
Liegt eine primäre Leserechtschreibschwäche (Legasthenie, umschriebene Lernschwäche) vor, müssen sonderpädagogische Maßnahmen erfolgen. Die Kosten hierfür übernehmen die Krankenkassen nicht.
(M. Ptok)