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Wie kann man die Sprech- und Sprachentwickung schwerhöriger Kinder fördern?

Grundlage für die Sprachförderung hörgestörter Kinder ist die frühzeitige Diagnose von Innenohrstörungen und die frühzeitige Hörgeräteversorgung. Je früher eine Innenohrschwerhörigkeit mit Hörgeräten versorgt wird, umso günstiger sind die Voraussetzungen für die Sprachentwicklung.

Um die Sprachentwicklung von Säuglingen und Kleinkindern mit Innenohrstörungen optimal zu unterstützen, müssen die Hörgeräte kontinuierlich den ganzen Tag getragen, täglich durch die Eltern auf ihre Funktion beurteilt und zunächst alle 3 Monate durch z.B. einen Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie kontrolliert werden.

Mindestens ebenso wichtig wie die Hörgeräteversorgung ist eine intensive Hör-Sprach-Frühförderung, die oftmals von Schwerhörigen- oder Gehörlosenschulen als regelmäßige Betreuungsmaßnahme in der häuslichen Umgebung des Kindes angeboten oder auch von Logopäden durchgeführt wird. Hierdurch werden die Eltern gezielt im Hinblick auf die Sprachförderung angeleitet und das Kind kontinuierlich betreut. Viele hochgradig schwerhörige Kinder müssen erst lernen, auf Geräusche und Sprache zu hören und werden oftmals erst nach und nach den Sinngehalt des Gehörten erlernen. Auch dies sind Ziele der Hör-Sprach-Frühförderung.

Beide Maßnahmen, einerseits die Hörgerateversorgung und andererseits die intensive Hör-Sprach-Früherziehung sind unbedingt erforderlich, damit die Hör- und Sprachzentren im Gehirn reifen können. Diese Reifung kann nur während der allerersten Lebensjahre erfolgen und später auch nicht mehr nachgeholt werden. Dies ist auch der Grund, warum sich selbst bei hochgradiger Schwerhörigkeit die Sprache von Kleinkindern fast normal entwickeln kann, wenn sie die früh (möglichst während des ersten Lebensjahres) mit Hörgeräten versorgt wurden und die Sprach-Frühförderung bereits zum selben Zeitpunkt einsetzte. Dagegen lässt sich eine Sprachentwicklung bei zu spät erkannten und versorgten Hörstörungen oft kaum mehr erzielen. Im Mittelpunkt aller therapeutischen Maßnahmen stehen die Hörerweckung des Kindes und die lautsprachliche Sprachentwicklung.

Die Inhalte einer hörgerichteten Frühsprachförderung von hörgerätetragenden Kindern sind u.a.:

– Lauschen auf Geräusche, Laute und Stimmen der Umwelt
– Wahrnehmen und Erleben von Musik
– Unterscheiden von Geräuschen der Umwelt und von unterschiedlichen Stimmen
– Erkennen bestimmter Geräusche, Laute und Stimmen der Umwelt
– Erlernen der Bedeutung von Schallereignissen der Umwelt
– Erkennen, aus welcher Richtung ein Geräusch oder eine Stimme kommt
– Sprachverstehen gesprochener Sprache allein über den Hörsinn
– ggf. auch gezielte Übungen zur Artikulation, zum Satzbau, zum Wortschatz, zur Stimme und zur Atmung.

Zusätzlich werden während der frühen Hör- und Spracherziehung hochgradig schwerhöriger Kinder auch immer das Mundabsehen geübt und die Kommunikation durch Mimik und Gestik unterstützt sowie ggf. lautsprachbegleitende Gebärden eingesetzt, die die sprachliche Entwicklung des Kindes fördern. Gebärden, die zur Lautsprache keinen Bezug haben, sollten zunächst während der frühen Hör-Spracherziehung nicht angewendet werden, da die zeitlich nur in den ersten Lebensjahren stattfindende Reifung der Hör- und Sprachzentren im Gehirn vor allem dadurch angeregt wird, indem die Hörbahn auch benutzt wird, d.h. indem das Kind Lauschen lernt, Gehörtes wahrnehmen lernt und eine auf das Hören ausgerichtete Sprachentwicklung angebahnt wird.

Wie können Sie selbst zusätzlich die Sprachentwicklung Ihres hörgerätetragenden Kindes unterstützen? Machen Sie Ihr Kind auf die unterschiedlichen Geräusche des Alltags aufmerksam und zeigen Sie ihm, was diese Geräusche hervorgerufen hat. Lassen Sie dem Kind Zeit, diese Dinge nicht nur zu sehen, sondern auch zu betasten und Erfahrungen damit zu sammeln. Denken Sie daran, dass Ihr Sprechen das Vorbild für die Sprache Ihres Kindes ist. Sprechen Sie daher natürlich, in vollständigen Sätzen und in normaler Betonung mit ihrem Kind. Sprechen Sie Ihrem Kind gegenüber stets das aus, was Ihr Kind mit Ihnen gerade erlebt, was es sieht und was es tut. Lassen Sie sich von Ihrem Kind lenken, worüber Sie mit ihm sprechen, was Sie ihm zeigen, was Sie ihm sprachlich nahebringen. Versuchen Sie, die Gesten und sprachlichen Andeutungen Ihres Kindes in Sprache umzusetzen, indem Sie das sprachlich ausdrücken, was Ihr Kind Ihnen mitteilt. Verhalten Sie sich einfühlsam, wenn Ihr Kind nicht so gut spricht, wie Sie es sich wünschen und kritisieren Sie es nicht. Der Weg, die Sprache Ihres Kindes in Gang zu bringen und die Sprachentwicklung zu fördern benötigt oftmals viel Energie. Freuen Sie sich an der Entwicklung Ihres Kindes, sorgen Sie trotz zahlreicher Behandlungen, Therapien und Trainingsstunden auch für ausgleichende Aktivitäten und nehmen Sie sich bewusst regelmäßig Zeit dafür, einfach nur „Mutter“ und „Vater“ für Ihr Kind zu sein und ohne therapeutische Absichten mit ihm zu spielen.

Auf dem Weg finden Sie Unterstützung durch Ihren betreuenden Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie, von Schwerhörigen- und Gehörlosenschulen, von Logopäden, von Schwerhörigenpädagogen und von Päd-Akustikern.

(A. Nickisch)