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Unser Kind ist seit langer Zeit heiser. Kann sich etwas Schlimmes dahinter verbergen?

Eine heisere Stimme kann in jedem Lebensalter durch eine Veränderung des Kehlkopfes, insbesondere der Stimmlippen oder durch eine Funktionsstörung des Kehlkopfes entstehen. Bei Kindern im Vorschul- und Grundschulalter sind solche Stimmstörungen recht häufig, sie betreffen bis zu 25% aller Kinder (Keilmann, 1999).

Wenn ein Kind heiser ist, muss eine Untersuchung des Kehlkopfes durchgeführt werden. Diese Untersuchung kann mittels eines Kehlkopfspiegels oder eines starren Endoskops durch den Mund oder mittels eines flexiblen Endoskops durch die Nase erfolgen. In sehr seltenen Fällen muss in Narkose untersucht werden. Durch diese Untersuchung wird festgestellt, ob eine angeborene Veränderung des Kehlkopfes (z. B. eine Segelbildung zwischen den Stimmlippen, eine Asymmetrie des Kehlkopfes) oder eine Kehlkopferkrankung (z. B. Kehlkopfpapillome, eine Lähmung der Stimmlippen) vorliegt (Gray et al., 1996). Werden beispielsweise eine Stimmlippenzyste oder Kehlkopfpapillome festgestellt, dann muss das Kind operiert werden.

Bei Kindern im Vorschul- und Grundschulalter liegen primär meist keine organischen Veränderungen vor. Die meisten Heiserkeiten in diesem Alter beruhen auf einem Missbrauch der Stimme beim Sprechen, Spielen oder Singen. Aufgrund des auditiven (gehörten) Stimmbefundes und der Kehlkopfuntersuchung wird die Diagnose „hyperfunktionelle Dysphonie“ gestellt. Wenn möglich, sollte zusätzlich eine Stroboskopie zur Beurteilung der Stimmlippenschwingungen erfolgen. Die hyperfunktionelle Dysphonie kann auch zur Bildung von Stimmlippenknötchen führen. Diese Knötchen werden auch „Schreiknötchen“ genannt, wenn sie breitbasig im mittleren Drittel der Stimmlippen zu sehen sind, oder „Sängerknötchen“, wenn sie wie im Erwachsenenalter umschrieben sind und am Übergang vom vorderen zum mittleren Stimmlippendrittel liegen. Diese Stimmlippenknötchen werden ebenfalls durch die Kehlkopfuntersuchung festgestellt.

Die meisten Kinder mit einer hyperfunktionellen Dysphonie sind laut und impulsiv, oft sprechen auch die Eltern oder Bezugspersonen sehr laut. Die Kinder setzen ihre Stimme beim Spielen oder Singen in einem Maß ein, das die Leistungsfähigkeit des Kehlkopfes übersteigt. Viele der Kinder haben einen hohen Bewegungsdrang und Schwierigkeiten, die Kraft zu dosieren. Oft fällt auf, dass die Kinder zum Ausdruck ihrer Wünsche vor allem ihre Stimmkraft und zu wenig passende Argumente oder andere (nonverbale) Ausdrucksmöglichkeiten nutzen. Zum Entstehen einer Stimmstörung können auch Hörstörungen, Hörverarbeitungsstörungen oder eine geringe Musikalität beitragen (Beushausen, 1998).

Der Schwerpunkt der Therapie der hyperfunktionellen Dysphonie im Kindesalter und von kindlichen Stimmlippenknötchen ist die Elternberatung. Oft geht es in der Familie zu laut und zu hektisch zu. Situationen, in denen es meist zu stimmlichen Überanstrengungen kommt, sollten vermieden werden. Eltern, Erzieher und Lehrer sollten sich ihrer Rolle als stimmliches Vorbild bewusst werden.
In Abhängigkeit vom Entwicklungsalter und vom Schweregrad der Stimmstörung ist bei älteren Kindern ggf. zusätzlich eine logopädische Stimmtherapie angezeigt. In jedem Fall sollen unökonomische Belastungen des Kehlkopfes vermieden werden.

Eine operative Abtragung von Stimmlippenknötchen ist im Kindesalter nicht indiziert. Meist bilden sich die Stimmlippenknötchen während des Stimmwechsels zurück. Trotzdem sollte eine Verhaltensänderung angestrebt und eine Stimmtherapie bei den Kindern erfolgen, weil sonst auch nach dem Stimmwechsel eine Stimmstörung, vielleicht auch bleibende Schäden des Kehlkopfes bestehen bleiben.

(A. Keilmann)

Literatur

Beushausen U: Kindliche Dysphonien im Vorschulalter – Ein psycholinguistisches Therapieverfahren. Sprache Stimme Gehör 22 (1998) 147-152

Gray SD, Marshall E, Smith MD, Schneider H: Voice disorders in children. Pediatric Otolaryngology 43 (1996) 1357-1384

Keilmann A: Erkrankungen der Stimme bei Kindern und Jugendlichen L.O.G.O.S. interdisziplinär 7 (1999) 30-35