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Ich bin auf eine gesunde Stimme angewiesen – was kann ich tun, wenn sie heiser ist oder versagt und wie kann ich vorbeugen?

Ganz allgemein stützt sich die stimmliche Leistungsfähigkeit in stimmintensiven Berufen auf drei Säulen: Erstens die natürliche Veranlagung („Konstitution“), zweitens die Ausbildung der Stimme („Stimmtechnik“) und drittens das Ausmaß der Beanspruchung („Belastung“). Alle Fragen, die sich auf die stimmliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Stimme, auf Stimmhygiene und das Vorbeugen von Heiserkeit beziehen, müssen diese drei Säulen beachten. Leistungseinschränkungen äußern sich meist in Heiserkeit, aber auch Mißempfindungen oder das Nachlassen stimmlicher Fertigkeiten (s.u.) sind möglich.

Die stimmliche Veranlagung kann grundsätzlich sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Als Extreme finden sich einerseits leise, klangarme, wenig modulationsfähige und nur gering steigerungsfähige Stimmen, andererseits aber klangvolle und stark steigerungsfähige Stimmen, die meist auch wenig störanfallig sind. Häufig finden sich in künstlerischen Stimmberufen die „Stimmbesitzer“ der letztgenannten Kartegorie und sind leistungsfähig und gut belastbar, auch wenn einmal Störfaktoren wirken wie: schlechtes allgemeines Befinden, beginnender Erkältungsinfekt, Lärmbelastung durch die Umgebung, zu starke stimmliche Anforderungen u.a.. Eine ungünstige stimmliche Veranlagung läßt sich niemals dauerhaft beheben, allenfalls etwas verbessern, z.B. durch intensive stimmtechnische Schulung. Allerdings können diejenigen mit einer ungünstigen stimmlichen Konstitution nicht gleichermaßen als Stimmkranke angesehen werden, da es Tätigkeiten mit wenig Stimmbelastung gibt, in denen die Leistungsschwäche gar nicht auffällt.

In künstlerischen Stimmberufen spielt die stimmtechnische Schulung eine besondere Rolle, vor allem bei Sängern, die eine besonders klangfähige Stimme („Stimmsitz“) als ein artifizielles Phänomen aufbauen und schulen müssen – zumindest im traditionellen Opern- und Konzertgesang („Gesangstechnik“). Diese Stimmschulung folgt zwar auch nach ästhetischen Gesichtspunkten, vor allem aber nach physiologischen, da höchste stimmliche Leistungsfähigkeit meist ohne den Einsatz elektronischer Verstärker verlangt wird. Auch Schauspieler müssen ihre Stimme klangstark, modulationsfähig und gut belastbar trainieren („Sprechtechnik“). Die Erhaltung stimmtechnischer Fertigkeiten stellt einen bedeutenden stimmhygienischen Faktor dar und wirkt bei der Vorbeugung von Heiserkeit wesentlich.

Stimmliche Beanspruchungen treffen also von vornherein auf unterschiedliche individuelle Voraussetzungen, so daß die stimmliche Belastbarkeit als ein komplexes Geschehen anzusehen ist. Allerdings wirkt sich das Ausmaß stimmlicher Belastungen („zu laut“ und/oder „zu lange“) häufig entscheidend aus. Selbst der stimmgewaltigste Künstler mit einer bestmöglich geschulten Stimme versagt, wenn er sie nur maßlos überfordert. Zahlreiche innere und äußere Faktoren können die stimmliche Leistungsfähigkeit zusätzlich beeinflussen und lassen sich in ihrer Bedeutung weder für den Künstler noch für den Stimmarzt immer leicht erkennen, bewerten und eventuell beseitigen: Geschlecht, Alter, Hormone, Allgemeinerkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Hörvermögen, Reaktionsweise des zentralen und des vegetativen Nervensystems, Persönlichkeitsstruktur, Arbeitsatmosphäre, Konflikte, Neurotisierung, Lebensrhythmus, Genußmittel, Berufsjahre, stimmtechnische und künstlerische Qualifikation, Schallpegel der Umgebung, Raumakustik, Publikumsbezug, Raumklima, Regionalklima u.a.

Ein weites Feld für Stimmhygiene und Prophylaxe von Heiserkeit!

Im Falle von Heiserkeit, die nicht durch einen Erkältungsinfekt oder durch stimmliche Überlastung bedingt ist und nicht nach wenigen Tagen (allenfalls ein bis zwei Wochen) wieder verschwindet, ist unbedingt eine stimmärztliche Untersuchung erforderlich, um behandlungsbedürftige organische Ursachen abzuklären. Bei plötzlicher oder sehr starker Heiserkeit sollte eine sofortige Konsultation erfolgen.

(W. Seidner)